Offenes Treffen im Republikanischen Club
Der Verein „Wohlstand für alle“ lädt am Freitag, 6. Sept. 2024 um 18.30 Uhr zu einem offenen Treffen in den Republikanischen Club, Fischerstiege 1-7, R1, 1010 Wien ein, um zum Thema
„Schicksalswahl in Österreich am 29. September 2024“ über die Aspekte: Demokratie, Bildung, Gesundheit, Wohnen, Umwelt, Kooperation und Finanzierung des Sozialstaates zu sprechen.
Wir freuen uns auf eine angeregte Diskussion.
Zur Finanzierung des Sozialstaates:
Derzeit wird von neoliberalen Ökonomen, Boulevardmedien und sogar von Personen aus dem Führungsgremium der SPÖ selbst versucht, neue Ideen zu einer grundlegenden Reform unseres Sozialstaats als undurchführbar hinzustellen und Konzepte für Reichensteuern lächerlich zu machen. Jahr für Jahr nimmt die Armut besonders unter Kindern zu. Jahr für Jahr wird unsere Gesellschaft undurchlässiger und Bildung weitervererbt. Akademikerkinder studieren 10 mal häufiger als die Kinder von Arbeitern ohne Matura. Haben die Eltern einen geringen Bildungsstand, vererben sie diesen zunehmend auf ihre Kinder. Obwohl anerkannte Institutionen wie die OeNB und die Statistik Austria und viele anerkannte Ökonomen wie Piketty, Zucman, Schulmeister auf die stark zunehmende Ungleichheit der Vermögensverteilung und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf unsere Demokratie aufzeigen, findet sich offenbar keine Mehrheit für gerechte Vermögens- und Erbschaftsteuern. Die dadurch verfügbaren Mittel könnten erfolgreich für dringend notwendige Reformen und eine Stärkung unseres Sozialstaates verwendet werden. Die Faktenlage wird immer erdrückender:
1. Aus dem Sozialbericht 2024 der Bundesregierung, Studie der OeNB:
„Viele Leistungen des Sozialstaats kommen überproportional den Vermögenden zugute (Förderungen, die an Eigentum am Hauptwohnsitz geknüpft sind, Subventionen für Energiewende, Wertsteigerungen von Immobilien durch Ausbau öffentlicher Infrastruktur, usw.).“
„Tatsächlich hat die untere Hälfte in der Vermögensverteilung nur einen minimalen Anteil von 4,6 Prozent am gesamten privaten Vermögen. Gerade die untere Hälfte der Bevölkerung, die keine Immobilien oder Unternehmen ihr Eigen nennt, bleibt in Verteilungsdebatten oft unsichtbar.“
„Die Sparfähigkeit bei Mieterhaushalten ist so gering, dass durch die eigene Arbeitsleistung nicht einmal das für eine Kreditaufnahme für Wohnungseigentum notwendige Eigenkapital aufgebaut werden kann.“
Wer kann mir bitte erklären, warum Einkommen aus Arbeitsleistung hoch besteuert werden, während gleichzeitig leistungslose Einkommen aus Immobilien, aus Erbschaften und Vermögenszuwächsen nicht oder wenig besteuert werden?
2. Aus der Studie von Oxfam:
„Die fünf wohlhabendsten Männer der Welt – dazu zählen etwa der Tesla-Chef Elon Musk und Amazon-Gründer Jeff Bezos – haben ihr Vermögen seit 2020 von 405 Milliarden US-Dollar auf 869 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Das entspricht einem Gewinn von 14 Millionen Dollar pro Stunde. Im selben Zeitraum haben die ärmeren 60 Prozent der Welt, mehr als 4,7 Milliarden Menschen, 20 Milliarden Dollar verloren.“.
3. Aus dem Vortrag von Gabriel Zucman bei der AK Wien:
Milliardäre zahlen immer weniger Steuern. Die effektive Steuerrate von Millardären liegt bei 20%, im Vergleich zu 50% in allen anderen Vermögensklassen. Es gab im Jahr 2023 2756 Milliardäre weltweit, mit einem Gesamtvermögen von 13.000 Milliarden, diese zahlen derzeit zusammen 44 Milliarden persönliche Gesamtsteuern. Eine 2% Mindestvermögenssteuer für Milliardäre würde zusätzlich 214 Milliarden bringen.
Milliardäre haben in den letzten 30 Jahren ihr Vermögen um 7% – 8% pro Jahr vermehrt. Es geht jetzt nicht mehr darum, Vermögen zu besteuern, sondern überproportionale Vermögenszuwächse zu reduzieren.
Grosskonzerne finden immer mehr Möglichkeiten, überhaupt keine Steuern zu zahlen. Die Förderungen, die sie von den Staaten erhalten, übersteigen oft ihre Steuerleistungen. Eine Mindeststeuer von 20% des Gewinns für grosse Multis wäre wichtig.
Warum wachsen große Vermögen überproportional?
Aus meiner Sicht gibt prinzipiell 2 Gründe dafür:
Der erste Grund ist leicht zu sehen: Wer über ein Vermögen verfügen kann, dem stehen viel mehr ertragreiche Investitionsmöglichkeiten zur Verfügung (Aktien, Immobilien, Private Equity usw.). Diese Möglichkeiten sind mit dem Einkommen aus reiner Erwerbsarbeit unerreichbar. Auch viele Förderungen unseres Sozialstaats stehen nur Wohlhabenden zur Verfügung: Um z.B. eine Förderung für eine Fotovoltaikanlage oder eine Wärmepumpe zu bekommen, muss ich zuerst ein Einfamilienhaus oder eine Wohnung besitzen; Mieter gehen leer aus. Vielleicht fallen Ihnen noch ein paar Förderungen ein, die für den Durchschnittsverdiener unerreichbar sind.
Der zweite Grund ist ein nicht so anschaulicher: In der Mathematik und Statistik kennen wir den Begriff der Ergodizität. Exponentielle Wachstumsprozesse wie Zinsen, Erträge aus Geld- oder Sachinvestitionen sind selbstverstärkend und nicht-ergodisch. Das Prinzip des Mittelwertes ist hier nicht anwendbar. Die vielzitierte Chancengleichheit gibt es nicht. Der Spruch „Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es allen gut“ ist genauso falsch wie die Annahme, dass ein wachsendes Bruttosozialprodukt automatisch den Wohlstand aller Bürger fördert. Sie können das anschaulich mit dem Simulationsmodell auf unserer Webseite nachvollziehen. Das bedeutet, dass nicht einmal mathematisch eine Chancengleichheit besteht: wer reich ist, wird automatisch noch reicher, auch wenn er keine faulen Tricks anwendet wie Einflußnahme auf Förderentscheidungen oder Steuerbescheide, Freunderlwirtschaft oder gar Bestechung von Politikern.
Jedenfalls ist es hoch an der Zeit, dass jeder seinen gerechten Anteil an der Steuerlast trägt und damit in kooperativer Solidariät die Sanierung unseres desolaten Sozialstaats fördert.
Sonst kehren wir langsam wieder in den Feudalismus zurück:
Überreiche Oligarchen bestimmen unsere Zukunft. Wer Geld hat, schafft an.