Unser Mitglied Prof. Dr. Wolfgang Fritz hielt einen Vortrag über Karl Polanyi.
Zum Nachlesen finden Sie hier sein Referat:
Schlagwort: Theorie
Welche Theorie erklärt die wachsende Ungleichheit?
In der aktuellen Oxfam Studie „Inequality Inc“ zur wachsenden sozialen Ungleichheit wird ein sehr anschauliches Beispiel gezeigt:
„Die fünf wohlhabendsten Männer der Welt – dazu zählen etwa der Tesla-Chef Elon Musk und Amazon-Gründer Jeff Bezos – haben ihr Vermögen seit 2020 von 405 Milliarden US-Dollar auf 869 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt.
Im selben Zeitraum haben die ärmeren 60 Prozent der Welt, mehr als 4,7 Milliarden Menschen, 20 Milliarden US-Dollar verloren.“
Die meisten Modelle der traditionellen Wirtschaftslehre können diese Fakten nicht erklären.
Sie nehmen irrigerweise an, dass sich das Vermögen einer einzelnen Person an den Mittelwert des Gesamtvermögens aller Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt annähern würde (sog. ergodische Hypothese) und somit langfristig stabil sei.
Die Fakten der Realität (wie auch in dieser Oxfam Studie) zeigen aber laufend, dass diese Annahme bei einem multiplikativen Prozess wie der Vermögensentwicklung falsch ist. Das Vermögen einer einzelnen Person nähert sich nur dem Erwartungswert über die individuelle Zeitachse und der ist für die meisten leider negativ, wenn es keine ausreichende Umverteilung in der Form von Vermögen- und Erbschaftsteuern gibt.
Das Wesen lebender Systeme und des Kapitalismus ist multiplikativer Natur: Kapital wird dazu eingesetzt, mehr von sich selbst zu erzeugen. Solche Systeme werden besser durch die Theorie der Geometrischen Brownschen Bewegung erklärt.
Das kann man gut in unserem Simulationsmodell nachvollziehen:
Warum werden Reiche immer reicher?
Wir erkennen, dass eine Steigerung des allgemeinen Bruttosozialprodukts keinesfalls dazu führt, dass alle Menschen reicher werden.
Ole Peters, der die mathematischen Grundlagen dafür entwickelt hat, schreibt dazu:
„In der Ökonomie des multiplikativen Vermögens – des Kapitalismus – können wir 3 Alternativen beobachten:“
- Wenn wir nichts tun, wächst die Ungleichheit ins Unendliche.
- Wenn wir schnell genug umverteilen, kann sich die Ungleichheit auf einem bestimmten Level stabilisieren.
- Wenn wir jedoch aktiv destabilisieren, wie wir es offensichtlich in den letzten Jahren getan haben, verschwindet der Mittelstand. Eine arme Person, die brav wirtschaftet, wird dann immer ärmer und kann nie mehr zum Mittelstand aufsteigen. Ebenso wird eine reiche Person, die sich vernünftig verhält, automatisch immer reicher werden und nie mehr in den Mittelstand absteigen können.
Siehe auch:
Wealth: redistribution and interest rates
DerStandard: Reiche werden reicher